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Architekturvermittlung an Schulen

Der Verein BauKultur Steiermark ist sich schon lange bewusst, dass es eine seiner zentralen Aufgaben ist, baukulturelle Themen und die Idee einer nachhaltig und qualitätsvoll gestalteten Umwelt auch einem möglichst jungen Publikum näherzubringen. Um die bisherigen Aktivitäten und Bemühungen zu intensivieren und zugleich auf eine breitere Basis zu stellen, hat das Institut für Gebäudelehre der TU Graz im Auftrag des Vereins mehrere unterschiedliche Übungen entwickelt. Diese Übungen basieren auf den Erfahrungen mit jungen Studierenden in der Architekturlehre und wurden für SchülerInnen unterschiedlicher Altersstufen adaptiert.

Im Vordergrund stehen dabei nicht die Förderung der eigenen Kreativität und der spielerische Umgang mit dem Thema Architektur, sondern das bewusste Wahrnehmen von räumlichen und gestalterischen Bedingungen und Zusammenhängen sowie deren Auswirkungen auf die gebaute Umwelt. Die Übungen basieren auf der klaren Idee, dass die Orte, an denen wir uns bewegen, die unser unmittelbares Lebensumfeld darstellen, keine Selbstverständlichkeit und auch keine vorgegebene Tatsache sind, sondern das Ergebnis des kulturellen und politischen Zustands unserer Gesellschaft, und dass damit jede und jeder Einzelne von uns dafür mitverantwortlich ist. Das ist das zugegeben hochgesteckte Ziel dieser Kooperationen, aber wir gehen davon aus, dass gerade durch das „Sehen“ die Chance besteht, diese Verantwortlichkeit zu erkennen.

Am einfachsten lässt sich die Idee anhand der Übung „Fotografie“ erläutern. Hier werden vier thematisch ausgewählte Bilder von GerambRosen-Preisträgern von den SchülerInnen mit Hilfe einer eigenen Kamera oder dem eigenen Handy anhand eines selbst ausgewählten gebauten Objekts im näheren Lebensumfeld nachgestellt und analysiert. Im ersten Bild geht es um die Einfügung in den jeweiligen Kontext und damit um die Verträglichkeit, das zweite Bild fokussiert auf den Eingang und gibt Auskunft über Orientierung und Bedeutung. Im dritten Bild soll der räumlich spannendste Bereich dargestellt und seine Wahl begründet werden und zuletzt geht es um den Blick nach draußen, also um das Verhältnis zwischen Innen-und Außenraum.

Die SchülerInnen werden im Rahmen dieser Übung aber auch mit den konkreten grundlegenden Begrifflichkeiten konfrontiert, welche notwendig sind, um über Architektur zu sprechen. Die Übungen selbst – Fotografie, Farbe, Collage und Material – verfeinern nicht nur die eigene Wahrnehmung, sondern dienen auch in der Gemeinschaft der SchülerInnen als Anstoß zur Diskussion miteinander, mit den Lehrenden und nicht zuletzt auch im Elternhaus.

Hans Gangoly

Workshop Material

Schulkooperationen

Nur an wenigen Stellen tritt der der Architektur inhärente Konflikt zwischen entworfenem Konzept und gebauter Realität so deutlich zu Tage wie an der Materialoberfläche. Auf den wenigen Millimetern, exakt da, wo das Material fast endet, aber doch noch nicht aufhört, entscheidet sich die optische Wirkung eines Raumes oder einer Fläche zum Guten oder Schlechten, wird eine Idee transportiert oder bagatellisiert. Bauphysikalische und statische Belange sind davon nicht betroffen, sie werden im Inneren der Wand und damit nicht sichtbar verhandelt. Doch an ihrer Oberfläche kondensiert die architektonische Vision. Hier werden sinnliche Erwartungen geweckt oder unterwandert, Entfernungen und Maßstäbe eingeschätzt und den verschiedenen Dimensionen und Flächen eines Raumes intuitiv bestimmte Materialien zugeordnet.

Aber ist das Material eigentlich echt? Oder sieht es nur so aus? Ist der Teppich weich? Muss er denn weich sein?
Muss er denn echt sein? Was würde es bedeuten und wie würde es die Wahrnehmung der gebauten Strukturen verändern, wenn der Teppich nicht am Boden wäre…, sondern an den Wänden… an der Decke… an den Möbeln… einfach alles aus Teppich?

Diesen Fragen wollen wir praktisch auf den Grund gehen, indem Wände, Ecken, Nischen, Kabinen, Türen, Heizkörper, Sitzbänke oder auch Kaffee- und Getränkeautomaten von den SchülerInnen mit ornamentalen Teppichmustern beklebt werden. Zwei auf Papier gedruckte Musterelemente stehen dabei zur Verfügung: (1) ein kachelbares Rautenmuster und (2) eine Bordüre. Jede beliebige Fläche kann damit entmaterialisiert und neu gegliedert werden: Ecken und Fugen verschwinden unter dem Muster, dafür entstehen neue scharfe Kanten an anderer Stelle, geometrische Konflikte werden erzeugt und wieder aufgelöst.

Alexander Barina

© Institut für Gebäudelehre

Workshop Material am Gymnasium Sacré Coeur Graz

4. Klasse

8. November 2021

„Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie nach anfänglicher Skepsis und Infragestellung der Aufgabe etwas entsteht, das auch die anfangs weniger begeisterten SchülerInnen am Schluss voller Stolz ihren Freunden zeigen.“

„Innerhalb der 5er-Teams bildeten sich schnell Spezialisten für die einzelnen Aufgaben (halten, kleben, schneiden, anpassen) heraus, was für einen schnellen Fortschritt und sichtbare gemeinsam erzielte Ergebnisse sorgte, mit denen die SchülerInnen selbst große Freude hatten.“

Alexander Barina

© Institut für Gebäudelehre, Gymnasium Sacré Coeur Graz

Workshop Material am BRG Kepler Graz

4. Klasse

19. Oktober 2021

„Das Arbeiten am realen Gebäude, in den Räumlichkeiten der Schule, das war für die SchülerInnen ein Novum. Den realen Raum zu gestalten, in dem sie sich tagtäglich bewegen (in unserem Fall den Gang, der zu den Werkräumen führt), war eine Raumerfahrung, die ansonsten nicht möglich ist.“

Gerda Haas

© Institut für Gebäudelehre, BRG Kepler

Workshop Material am Stiftsgymnasium Admont

4A Klasse

27.5.2021

„Besonders wertvoll war die Erkenntnis, dass wir durch kleine Eingriffe den Raum verändern können. Wir ließen mit den Teppichmustern Ecken und Kanten verschwinden und haben beispielsweise kleine Nischen optisch sehr aufgewertet.“

Maria Nimmervoll

© Institut für Gebäudelehre, Stiftsgymnasium Admont